die stadt im wort


Von der wirkung literarischer unmittelbarkeit im öffentlichen Raum.


Die Stadt im Wort untersucht, wie literarische Mittel – insbesondere die Lyrik von Rolf Dieter Brinkmann – die Wahrnehmung und Gestaltung städtischer Räume beeinflussen können. Im Zentrum steht die These, dass Literatur durch poetische Unmittelbarkeit neue Perspektiven auf urbane Räume eröffnet und Impulse für deren Entwicklung geben kann.

Ausgangspunkt ist die Kritik an zeitgenössischer Stadtplanung, die oft neoliberalen Prinzipien folgt, Homogenität erzeugt und sozial benachteiligte Gruppen verdrängt. Als Gegenbild dient Brinkmanns Lyrik, die mit drastischer Subjektivität, Alltagsbeobachtungen und ungewöhnlichen Wortbildern arbeitet. Seine sogenannten Unmittelbarkeitseffekte erzeugen eine dichte, gegenwärtige Wahrnehmung, die den urbanen Raum transformiert: Das scheinbar Banale wird bedeutungsvoll, das Gewohnte fremd und reflektierbar.

Diese poetischen Zugänge werden mit theoretischen Stadtverständnissen verbunden. Hannah Arendt definiert den öffentlichen Raum als Ort von Freiheit, Pluralität und politischem Handeln. Martina Löw beschreibt Raum als soziales Konstrukt, das durch Interaktion und gesellschaftliche Machtverhältnisse geprägt ist.

Stadtplaner Jan Gehl steht für einen Perspektivwechsel in der Stadtgestaltung: weg von der „autogerechten Stadt“ (Reichow), hin zu lebenswerten, menschenzentrierten Städten. Seine Konzepte wie menschliches Maß, soziale Interaktion und Nachhaltigkeit stimmen mit den poetischen Stadtzugängen Brinkmanns überein.

Lyrik zeigt sich so als ästhetisches wie gesellschaftliches Werkzeug: Sie sensibilisiert für die Komplexität urbaner Lebensräume, regt zur Reflexion an und kann – jenseits planerischer Fachlogiken – neue Formen des städtischen Denkens ermöglichen. Literatur wird zur Methode, Stadt nicht nur funktional, sondern auch emotional und kulturell zu begreifen

Fotos

Ruxandra Stefan
Leo Doré